Initiative für
Wissenschaftliche Medizin

Ärztekammerzeitung mit Pro - Con Artikel über Homöopathie

Es ist nur mehr peinlich, was manchmal in Publikationen von österreichischen Ärztekammern bis zum Druck gelangen darf. Nach Publikationen in Bundesländerärztezeitungen ist die Lobhudelei über die Homöopathie in der Ausgabe November 2019 der Österreichischen Ärztezeitung wieder einmal ein Beispiel dafür:

Dort „argumentiert“ MR Dr. Doris Schöpf, Referentin im Referat für Komplementärmedizin der Österreichischen Ärztekammer https://www.aerztezeitung.at/archiv/oeaez-2019/oeaez-22-25112019/komplementaermedizin-homoeopathie.html für die Pseudomedizin. Dem werden seriöse Argumente von Prof. Dr. Edzard Ernst gegenübergestellt. Wir kommentieren kurz die dort angeführten „Argumente“ für die Pseudomedizin

 Homöopathie ist personalisierte Medizin.

Personalisierte unwirksame Medizin ist ebenso unwirksam wie nicht personalisierte unwirksame Medizin. Das ersetzt keine geforderte nachweisbare Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus, die konventionelle Medikamente bei der Zulassung nachweisen müssen.

 

Homöopathie ist eine ausgezeichnete, arzneiliche Therapiemethode und erweitert unser Therapiespektrum deutlich.

Ausgezeichnet für wen? Auch der Aderlass war Jahrtausende lang eine für den Anwender ausgezeichnete Erweiterung des Therapiespektrums. Erweiterung des Therapiespektrums ist nicht identisch mit verbesserter Wirksamkeit und mehr Nutzen für die Patientinnen.

 

Als effektiver Patientenschutz ist in Österreich jegliche Krankenbehandlung uns Ärzten vorbehalten. Nur wir können den Krankheitsverlauf beurteilen und die Weichen für den nächsten notwendigen Therapieschritt stellen.

Das entspricht nicht der Realität. Der Großteil der Homöopathika geht ohne Rezept in den Apotheken direkt an die Konsumenten. Und das ohne die klassisch homöopathisch notwendige ausführliche Anamnese und Bemühung der Repertoriumsoftware. Auch Naturheilpraktiker verwenden in Österreich Homöopathie.

 

Homöopathie erfolgt meistens begleitend zur Standardtherapie – ohne diese zu stören.

Bei KrebspatientInnen ist die medizinische Wissenschaft jedenfalls anderer Meinung - https://jamanetwork.com/journals/jamaoncology/fullarticle/2687972 – KrebspatientInnen, die neben einer konventionellen Therapie auch Komplementärmedizin verwenden, haben geringere Überlebenschancen, genau deswegen, weil sie ihre konventionelle Therapie stört.

 

Homöopathie ist bei fast jedem Krankheitsbild anwendbar und für alle Altersgruppen geeignet.

Da erübrigt sich wohl jeder Kommentar. Das kann eigentlich nur als Humoreinlage gemeint sein. Homöopathie als Panazee für alles? Anwendbar ist sie natürlich, das ist aber wieder einmal nicht dasselbe wie wirksam.

 

Der Therapieerfolg hängt vom Können der Ärzte, von der Qualität der Arzneien und häufig auch von der Compliance der Patienten ab.

In 2 von 3 Fällen ist also die homöopathische Industrie oder der Patient selbst schuld, wenn keine heilsame Wirkung eintritt?

 

Homöopathie ist gut untersucht und dokumentiert - z. B. Prof. Frass: Sepsis-Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15892486 und
Extubations Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15764779

Diese Publikationen werden mantraartig von der Homöopathiesekte zitiert. Diese Behauptung ist erklärlich, wenn man konzediert, dass Dr. Schöpf als Allgemeinmedizinerin über Intensivmedizin nichts wissen muss. Diese beiden „Studien“ sind ausführlich analysiert (auseinandergenommen) worden. Z.B. die „Sepsisstudie“ auf https://sciencebasedmedicine.org/homeopathy-and-sepsis/ und die „Extubationsstudie“ auf https://sciencebasedmedicine.org/homeopathy-in-the-icu/. Wären die Ergebnisse dieser beiden Studien real, wären schon alle Intensivstationen auf der weiten Welt zu diesen Therapien übergegangen.

 

Die Wirksamkeit der Homöopathie wird auch durch ein Schweizer HTA von 2005 untermauert. Seit August 2017 gibt es in der Schweiz wieder einen Kostenersatz für Homöopathie von den regulären Krankenversicherungen.

Das Schweizer HTA kommt als eine der ganz wenigen zu dem Schluss, dass für die Wirksamkeit der Homöopathie Evidenz Klasse I und II existiere, im Gegensatz zu mehreren anderen unabhängigen kompetenten Beurteilungen. Die „Panmedion-Stiftung“, bei der die Studie offensichtlich verfasst wurde, existiert nicht mehr. Sie wurde wahrscheinlich 2017 aufgelöst. Die Hauptkontaktperson der Publikation, Prof. Dr. Ursula Wolf, ist Vorstandsmitglied des Fördervereins für Anthroposophische Medizin, also Verfechterin einer anderen pseudomedizinischen Therapierichtung. Weiß man das, kommt das Vertrauen in das HTA schon ins Wanken. Eine ausführliche, vernichtende Kritik des HTA hier. Über die Aufnahme in die Erstattung durch Krankenversicherungen https://netzwerk-homoeopathie.info/ueber-die-entscheidung-zur-homoeopathie-in-der-schweiz/

Beliebtheit bei Patientinnen ist nicht dasselbe wie medizinische Wirksamkeit. Auch Geistheilen oder Aderlass wollten in den letzten Jahrtausenden sicher viele Patienten haben, weil sie als wirksam galten.

 

Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) steht hinter der Homöopathie und vergibt das ÖÄK-Diplom Homöopathie.

Exakt diese Tatsache kritisieren wir. Das Argument mit der Autorität der „fachlich kompetenten Behörde“ verleiht dieser Pseudomedizin in den Augen der weniger informierten Patientinnen ein unverdientes Mäntelchen der Wissenschaftlichkeit.

 

Erlernbar ist Homöopathie derzeit in Österreich als qualifizierte strukturierte Weiterbildung: mindestens drei Jahre, 350 Unterrichtseinheiten.

Wie wir schon an anderer Stelle angemerkt haben - auch 350 gut organisierte und qualifizierte Weiterbildungsunterrichtseinheiten in unwissenschaftlichem Unsinn bleiben Unsinn, auch wenn sie von Ärzten gehalten werden und man dafür gutes Geld bezahlen muss.

Das führt uns zurück zu unseren ursprünglichen Forderungen, die wir an den Beginn unserer Initiative gestellt haben.