Initiative für
Wissenschaftliche Medizin

Interview mit Universitätsprofessor Dr. M. Frass über Homöopathie in der Gastroenterologie mit Hinweis auf eine unauftreibbare Publikation

Unter Bezug auf die ärztliche Fortbildungsveranstaltung im Wiener Rathaus am 5. Mai 2017 erschien in der Publikation "Ärzte Woche" Nr. 11, Donnerstag, 16. März 2017, Spezial.Komplementärmedizin, Seite 44, verlegt von Springer Medizin, ein Interview mit Universitätsprofessor Dr. Michael Frass mit dem Titel "Homöopathie hilft!". In diesem Interview werden Publikationen zitiert, die die spezifische Wirksamkeit der Homöopathie bei gastroenterologischen Krankheitsbildern beweisen sollen.

Aus Urheberrechtsüberlegungen publizieren wir hier nicht die Kopie des Interviews.

Es würde auch den Rahmen dieser Website sprengen, das Interview im Detail wiederzugeben.

Es wurden im Interview von Prof. Frass "Studien" zitiert:

1. Homöopathische Behandlung von Durchfällen bei Kindern.

2. Homöopathische Behandlung von Blutungen des oberen Verdauungstrakts. Die Vergleichsgruppe wurde mit Cimetidin, die homöopathische "Interventionsgruppe" statt mit Cimetidin mit Placebo=Homöopathikum behandelt. Das Ergebnis sei gewesen, daß der Bluttransfusionsbedarf der "Interventionsgruppe" signifikant geringer gewesen sei als der der Vergleichsgruppe mit konventioneller Therapie.

Dieses Behauptung erschien uns doch ziemlich gewagt und wir wollten die Originalarbeit einsehen. Blutungen des oberen Verdauungstrakts können von chronischen kleinen Sickerblutungen bis zu akuten lebensbedrohlichen Speiseröhrenkrampfadernblutungen alles sein und wir wollten mehr Details wissen.

Zitiert war die "Studie" in der Ärzte Woche:
Hadjicostas C., Paizis A., Dossou P., Papaconstantinou G., Diamantidis S.: Comparative Clinical Study of Homoeopathic an Allopathic Treatment of Haemorrhage of the Upper Digestive Tract. 43rd Congress of the IMHL, Athens May 22-26, 536-541

Wir machten uns also auf die Suche nach dem Artikel und sonstiger Forschung dieser Autoren.....

Mit dem Titel der "Studie" ist im Internet, Pubmed nichts zu finden.

Von 3 dieser 5 Autoren (dabei auch der Erstautor) findet man überhaupt keinen Eintrag im Pubmed, von 2 Autoren je 1 Eintrag, der allerdings überhaupt nichts mit Gastroenterologie zu tun hat. Es gab also außer dem Kongressbericht keine endgültige Publikation in einer seriösen medizinischen Fachzeitschrift oder sonstige wissenschaftliche Publikationen dieser Autoren.

Eine IMHL gibt es nicht, gemeint war wohl die LMHI, die "Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis", die uns sicher diese Publikation beschaffen könnte und laut Website in Izmir in der Türkei residiert. Wir schickten ein Ersuchen um eine Kopie des Artikel an die in der Website angegebene Mailadresse lmhi.assistant@gmail.com. Von Evin Turkay erhielten wir als Antwort, wir sollten uns an martin.dinges@igm-bosch.de (Robert Bosch Stiftung, Institut für Geschichte der Medizin) wenden, der das Archiv verwaltet. Wir schickten ein Ersuchen an diese Adresse, am 18.4.2017 kam eine Lesebestätigung, danach war Funkstille und wir haben diese Publikation bis heute nicht erhalten.

Bei näherem Hinsehen auf die angeführte "Studie" und die daraus abgeleitete Behauptung ergibt sich also

  • die "Studie" kann vom Organisator des Kongresses, bei dem sie vorgetragen wurde, offensichtlich nicht aufgetrieben werden

  • die Autoren dieser "Studie" haben auf dem Gebiet der Gastroenterologie nie in seriösen Fachzeitschriften publiziert. Ihre Affiliation zu einer medizinischen Einrichtig ist nicht eruierbar

  • Das angeführte bemerkenserte Ergebnis der "Studie" wurde nie von anderen Arbeitsgruppen reproduziert

  • Wir wundern uns, daß ein Universitätsprofessor der Medizinischen Fakultät der Universität Wien eine Behauptung aufstellt, die, wenn sie überprüfbar und reproduzierbar wäre, zu einer drastischen Senkung des Bluttransfusionsbedarfs bei einem bestimmten Krankheitsbild führen würde, sich aber bei näherem Hinsehen die Grundlage dieser Behauptung in Luft auflöst.