Initiative für
Wissenschaftliche Medizin

22.4.2015 Gespräch in der Österreichischen Ärztekammer

Unser Dialog mit der ÖÄK

Wir hatten am 22.4.2015 in der Österreichischen Ärztekammer ein Gespräch mit dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, Dr. Arthur Wechselberger und Kammeramtsdirektor Dr. Johannes  Zahrl. Das Gespräch verlief in freundlicher Atmosphäre. Am Beginn des Gesprächs betonte der Präsident der Ärztekammer, dass er selbst ein 100-prozentiger Schulmediziner und kein Freund der Homöopathie sei. Der Kammeramtsdirektor sagte, dass für ihn persönlich die Konsultation eines Homöopathen nie in Frage käme. Auch äußerten beide Ihre Zufriedenheit darüber, dass es in Österreich geglückt ist, die sog. Komplementärmedizin in den Händen von Ärzten zu belassen und nicht Heilpraktiker oder ähnliche Berufe zuzulassen. Um aber das Ergebnis unseres Gesprächs vorwegzunehmen - die Ärztekammer ist nicht bereit, auf irgendeine der Forderungen der Unterzeichner der Initiative für Wissenschaftliche Medizin einzugehen.

In Folge stellen wir kurz die Argumente der Ärztekammervertreter und der Initiative bei diesem Gespräch einander gegenüber.

ÄK (Ärztekammer): Die Anzahl von 350 Ärztinnen und Ärzten, die die Initiative unterschrieben haben ist im Vergleich zu den ca. 6000 vergebenen Sonderdiplomen und der Gesamtzahl an Ärzten in Österreich gering und kein Argument.

IWM (Initiative für wissenschaftliche Medizin): Von insgesamt ca. 32000 Ärzten bieten nur 15 % Komplementärmedizin an, das hat wohl seine Gründe.

ÄK: Ärztliche Erfahrung: Die Im Ärztegesetz außer der Wissenschaftlichkeit erwähnte „ärztliche Erfahrung“ (Ärztegesetz §49.1) als Basis der Patientenbetreuung beinhaltet auch die Methoden der Komplementärmedizin.

IWM: Im § 2(2) des Ärztegesetzes heißt es wörtlich:  „Die  Ausübung  des  ärztlichen  Berufes  umfasst  jede  auf  medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen  begründete  Tätigkeit,  die  unmittelbar  am  Menschen  oder  mittelbar  für  den  Menschen ausgeführt wird, insbesondere……..“  . Nicht auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit ist daher dieser Definition gemäß nicht Ausübung des ärztlichen Berufes und fällt daher nicht in den Zuständigkeitsbereich der Ärztekammern und deren Fortbildungsorganisation. 

Auf unsere Frage, was ärztliche Erfahrung sei, erhielten wir keine klare Antwort. Unserer Meinung nach ist ärztliche Erfahrung eine subjektive Erkenntnis oder Beobachtung, die dazu führen sollte, diese mit wissenschaftlichen Methoden zu untersuchen, um verlässliche Aussagen darüber treffen zu können.

ÄK: Wenn Ärzte „Komplementärmedizin“ praktizieren, sind sie unter Kontrolle der Ärztekammern und diesen Rechenschaft schuldig. Wir bieten den Interessenten hochwertige Kurse an. Daher sollen Ärzte weiterhin diese Art der Medizin praktizieren.

IWM: Wir fordern kein allgemeines Ausübungsverbot für Scheinmedizin. Ärzte, die derartige Therapien erlernen wollen, können auch außerhalb der Ärztekammer Kurse belegen. Ärztekammern sollten jedoch die Scheinmedizin durch ihre Kurse und Diplome nicht fördern und legitimieren, denn sie sind durch das Ärztegesetz zur Beachtung der Wissenschaftlichkeit verpflichtet.

ÄK: Die Patienten sind bei Gericht in besserer Position und geschützter, wenn die „Komplementärmedizin“ von Ärzten betrieben wurde und nicht von nichtärztlichen Heilern.

IWM: Komplementärmedizin ist per Definition unterstützende Medizin. Seriöse unterstützende Medizin (wie etwa Phytotherapie, Kältetherapie etc) darf nicht in einen Topf mit z. T. esoterischer Glaubensmedizin (wie Anthroposophie, Kinesiologie oder Homöopathie) geworfen werden. Homöopathie ist keine Komplementärmedizin und sicherlich weder ganzheitlich noch naturverbunden!

IWM: Die Ärztekammer sollte die Patienten vor den Auswüchsen der Scheinmedizin aufklären und schützen, anstatt sie dazu zu motivieren.  

ÄK: Die Ärztekammer ist primär eine Vertretung der Ärzte und nicht der Patienten.

ÄK: Wir halten nichts von der Homöopathie, doch wir werden weiterhin solche Kurse in … abhalten, da es besser ist, wenn Ärzte so etwas tun als Nichtmediziner, die viel mehr Schaden anrichten können.  So können wir eine qualitativ gute Ausbildung (in Homöopathie, Anthroposophie etc) anbieten.

IWM: Unsinn bleibt Unsinn, auch wenn die Ausbildung in Unsinn „hochqualitativ“ ist, was immer damit auch gemeint sein mag. Die Kurse in Scheinmedizin könnten jedoch auch andere Institutionen halten. Das braucht die Ärztekammer nicht selbst zu tun. Damit wertet sie die Methoden in den Augen der Patienten auf und legitimiert sie.

IWM: Warum vergibt die Ärztekammer Diplome für Scheinmedizinmethoden?

ÄK: Damit die Patienten im Bereich der Ärzte bleiben.

ÄK: Die Grenzen zwischen Wissenschaft und Erfahrung können nicht bestimmt werden.

IWM: Erfahrung ist subjektiv und irrtumsanfällig und sehr wohl von Wissenschaft, die einen möglichst hohen  Objektivitätsgrad anstrebt, zu unterscheiden. Erfahrung kann nur dort einen Platz einnehmen, wo es kein Wissen gibt.

IWM: Das Fördern der Scheinmedizin durch die Ärztekammern bedeutet einen Nachteil der seriös ohne Scheinmedizin arbeitenden Ärztinnen und Ärzte und zieht Patientinnen und Patienten zur Scheinmedizin.

ÄK: Früher oder später landen alle Patienten wieder bei der Schulmedizin. Die „Komplementärmedizin“ ist keine Konkurrenz für die Schulmedizin.

IWM: Eine Schulmedizin – ein Schimpfwort, geprägt 1876 vom Homöopathen Franz Fischer – gibt es nicht. Man kann nur von einer etablierten Medizin sprechen. Alles was beweisbar hilft, wird früher oder später Teil der seriösen Medizin. Applied Kinesiology, Homöopathie oder Anthroposophische Medizin sind besonders absurde und esoterische Methoden, die nicht gefördert werden sollten.

ÄK: Es gibt nur ca 45 Diplome für Anthroposophische Medizin und ca. 45 für Applied Kinesiology, diese Zahlen sind vernachlässigbar.

IWM: Das Gesundheitsministerium hat die Aufsicht über die Tätigkeiten der Österreichischen Ärztekammer. Wir sind der Meinung, dass das Gesundheitsministerium die Beachtung der Wissenschaftlichkeit durch die Ärztekammer einfordern sollte.

ÄK: Das Gesundheitsministerium hat keine rechtliche Möglichkeit, den Ärztekammern vorzuschreiben, was Wissenschaft ist und was nicht.

IWM: Die Scheinmedizinmethoden können nicht mehr als Placebowirkung erreichen.

ÄK: Placebomedizin ist wichtig.

IWM: Wir üben Kritik daran, dass mit scheinmedizinischen Diagnosemethoden (z. B. Kinesiologie, Bioresonanz, Irisdiagnostik etc) absurde und fehlerhafte Diagnosen gestellt werden, mit oftmals gefährlichen  Folgen für Patienten. Außerdem werden so Menschen auch finanziell geschädigt.

ÄK: Die Anzahl der Ärzte, die Applied Kinesiology verwenden, ist gering und vernachlässigbar. Die ÄK sieht keinen Grund, solche Kurse einzustellen.

ÄK – Position zusammenfassend: Von Seiten der Österreichischen Ärztekammer kommt eine klare Abgrenzung gegen die Scheinmedizin, eine Stellungnahme dagegen oder gar eine Warnung vor ihr nicht in Frage.