Initiative für
Wissenschaftliche Medizin

Medizinische Desinformation in Wartezimmern und Apotheken

Patienten, die in Arztpraxen sitzen und dort aufliegende Zeitschriften lesen, laufen Gefahr, durch derartige Lektüre in die PR-Falle der Scheinmedizin zu geraten.

Es sind meist Wochenzeitschriften, die auch in Apotheken kostenlos erhältlich sind. Solche Magazine preisen diverse scheinmedizinische Verfahren an, und das sehr geschickt. Begleitet von schönen Naturfotos und Zeichnungen, die Naturverbundenheit, Sanftheit und Gesundheit suggerieren, wird den Lesern ein raffiniert gestalteter Text angeboten, der auf den ersten Blick sogar Ausgewogenheit suggeriert.  

Ein Musterbeispiel für derartige PR-Taktiken der esoterischen Scheinmedizin ist die Wochenzeitschrift „Gesünder Leben“. So findet man in dieser Zeitschrift in den Februar- und Märzausgaben 2019 Werbeartikel für Homöopathie (ab Seite 10) und Schüßlersalze. Wie die Betreiber der Zeitschrift agieren, ist bemerkenswert raffiniert. Der Homöopathieartikel mit dem Titel „Streit um Homöopathie: kann sie heilen oder ist alles Scharlatanerie?“ (Untertitel: „Topärzte diskutieren“) ist so aufgebaut, dass schon in der Einleitung für die Homöopathie geworben wird. Es folgen dann ausführliche Stellungnahmen von drei Befürworter (alles Homöopathen), in denen die Homöopathie als sehr wirksam dargestellt wird, auch indem die abenteuerliche Behauptung eines Dr. Pichler zu lesen ist. Sie lautet: „es gibt 4000 positive Studien, die die Wirksamkeit der Homöopathie beweisen“, was einfach eine Falschbehauptung ist: Es gibt es keine seriöse Studie, die nachweist, dass Homöopathie besser wirke als ein Placebo. Als Feigenblatt wurde dann der Pharmakologe Prof. Dr. Michael Freissmuth mit einigen kritischen Aussagen zur Homöopathie zitiert. Allerdings hat Prof. Freissmuth, wie er uns mitteilte, für diesen veröffentlichten Artikel dem Blatt „Gesünder Leben“ keine Freigabe erteilt.

Charakteristisch für die Strategie solcher Magazine ist auch das Vorgehen bei dem Beitrag mit dem Titel „Schüßlersalze richtig anwenden“: hier lautet ein Untertitel „Schüßlersalze im Test“, eine glatte Irreführung der Leser. Denn von einem seriösen Test ist in diesem Artikel – verfasst von einer Schüßlersalzbeauftragten ­– nichts zu lesen. Im Gegenteil: die Methode wird beworben. Auch hier werden, um nicht angreifbar zu sein, ein paar kritische Sätze zu den Schüßlersalzen eingefügt.

Weil derartige Zeitschriften den Ärzten gratis zur Verfügung gestellt werden, liegen sie in den meisten Ordinationen auf, und die Ärzte wissen oftmals gar nicht, welcher Unsinn den Wartenden hier vermittelt wird: gesünder leben werden sie sicher nicht, wenn sie das glauben und ausprobieren. Es wäre wichtig, möglichst viele Ärzte bezüglich solcher Zeitschriften aufzuklären, damit jene Kollegen, die Scheinmedizin ablehnen, solche Werbebroschüren aus ihrem Warteraum entfernen können. Aber wie könnte man sie nur  erreichen?